„Ich bin selbstständig.“ Ein Satz, der viel bedeutet, Großes bedeutet. Aber es kommt immer auf bestimmte Parameter an, die Bedeutung variiert von Selbstständigem zu Selbstständigem. Denn für den einen heißt es, dass er „selbst“ „ständig“ arbeitet, für den anderen bedeutet es, dass er (oder sie natürlich) „selbstständig“ arbeitet. Alle Klarheiten beseitigt? Bei dieser Sachlage bedarf es wohl einer genaueren Erklärung.

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Selbstständig sein kann prinzipiell jeder.
Für einige Berufe wie Texter oder Fotograf braucht man dabei sogar nicht einmal eine Lizenz, eine Ausbildung oder ein abgeschlossenes Studium. Lediglich die Anmeldungsgebühr in Höhe von etwa 14 Euro muss bezahlt werden, dann kann man schon beginnen und mit der Selbstständigkeit Geld verdienen, „reich“ werden. So einfach ist es meistens aber ja nicht wirklich. Selbstständigkeit hat viele Vorteile, aber auch so manchen Nachteil. Welche? Gibts hier zu lesen!
Die Zeit
Zeit ist in unserer schnelllebigen Epoche das vielleicht wertvollste Gut – sie zu schützen sollte immer mehr unser wichtigstes Anliegen sein.
Doch das ist es meistens nicht: der Chef verlangt ein Drittel mehr als gesetzlich erlaubt, die anderen Mitarbeiter machen gefühlt immer weniger und man selbst versucht irgendwann die Welt alleine in den Angeln zu halten. Es ist keine Zeit für die Familie da, für einen selbst ist Zeit völlig ein Fremdwort geworden.
Das passiert einem Selbstständigen zunächst natürlich nicht. Er oder sie kann sich die Zeit ja auch frei einteilen, niemand zwingt ihn oder sie morgens aus dem Bett zu kriechen und niemand zwingt ihn oder sie diese eine Aufgabe bis heute Abend zu erledigen.
Das Problem: je mehr Aufträge man selbst als Selbstständiger hat, desto mehr Kunden muss man bedienen. Und Kunden sind in sehr vielen Fällen so unglaublich viel ungeduldiger als der nervige Chef der letzten Festanstellung. Also Pustekuchen mit Zeiteinteilung: Das Feuer der Arbeit brennt und man muss es jetzt irgendwie gebändigt bekommen.
Sehr viel mehr Zeit hat ein Selbstständiger oder eine Selbstständige also nicht. Was ist denn dann der Vorteil?
Die Einnahmen
Früher war es so: man unterschrieb am Anfang freudig einen Vertrag und arbeitete dann in der Firma als Angestellter dreißig Jahre für ein Gehalt, das sich allerhöchstens um Nuancen veränderte.
Als Selbstständiger ist das nicht der Fall. Hier verdient pro Auftrag – egal ob Auftrag zum Verschicken eines Produkts oder als Dienstleister. Und wenn man pro Auftrag verdient, kann man den Preis auch selbst ansetzen. So ist es durchaus möglich statt wie davor für 15 Euro in der Stunde die Arbeit zu machen, die Arbeit für 30 Euro die Stunde zu machen oder in einigen Branchen sogar für mehr Geld. Also macht es für einen erfolgreichen Selbstständigen auf jeden Fall Sinn, die Selbstständigkeit weiterzuverfolgen.
Doch was ist mit den nicht ganz so Erfolgreichen? Die haben folgendes Problem: die Einnahmen der einzelnen Monate schwanken nämlich sehr, wodurch eine finanzielle Sicherheit eher Fehlanzeige ist. Auch kann es so Monate geben, in denen man durch laufende Kosten sogar Verluste macht. Verluste, die, wenn sie häufiger vorkommen, nicht nur dafür sorgen, dass man weniger als Festangestellter verdient, sondern dass man als Selbstständiger mit der vielen Arbeit sogar noch Geld verdient.
Beim Thema Einnahmen innerhalb der Selbstständigkeit gilt also: entweder du bist gut und damit auch erfolgreich oder zumindest die ersten Monate werden sehr hart. Sehr hart.
Der Stress
Stress ist für viele längst keine Seltenheit mehr, die meisten Angestellten geben an, gestresst zu sein, Burnouts wurden nahezu ein Trend.
Aber wieso auch nicht? Anzeigen bei Google Adwords perfekt platzieren, während man mal eben noch so ein Konzept für den Neukunden ausarbeiten soll und dabei auch noch die Kaffeemaschine gereinigt werden muss. Es ist ein Teufelskreis, in den man sich da begibt, aus liegen gebliebener Arbeit, Eilaufträgen und liegen bleibender Arbeit.
Wie das zu durchbrechen ist? Mit dem Weg in die Selbstständigkeit. Hier können Aufträge einfach abgelehnt werden, die Zeit zur Abgabe beim Kunden selbst vorgegeben werden. Man ja alles ständig selbst in der Hand. Das Problem: Wenn man Aufträge ablehnt zugunsten der Zeit, verdient man weniger Geld. Und wenn man sich dann nicht rein zufällig in der seltenen und zeitgleich enorm komfortablen Situation befindet, sich vor Aufträgen kaum retten zu können, hat man ruckzuck große finanzielle Schwierigkeiten. Und das kann ja wohl nicht der Sinn der Selbstständigkeit sein. Denn diese Schwierigkeiten verursachen Stress und sorgen so für den genau gegenteilig wünschenswerten Zustand im Vergleich zum Angestelltenverhältnis.
Hier stehen jetzt viele negative Aspekte der Selbstständigkeit. Die Wahrheit ist aber: Diese Aspekte gibt es, sind aber definitiv nicht sonderlich ausschlaggebend, wenn man über die Runden kommt und dabei das tun kann, was man so sehr liebt. Es ist diese unbeschreibliche Zufriedenheit, die man bei jedem abgeschlossenen Auftrag verspürt, es ist diese Selbstverwirklichung von der immer alle sprechen, die immer alle von ihrem Arbeitgeber verlangen – was natürlich nicht möglich ist. Und vielleicht schafft man es ja irgendwann so weit zu kommen, dass man selbst Chef ist und kann dann all das richtig machen, von dem man der Ansicht war, dass es der ehemalige Vorgesetzte falsch anging. Denn in der Selbstständigkeit ist der einzige Chef, den man hat, man selbst.